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AutorenbildMonika

"Natürliche" Aromen

Aktualisiert: 12. Sept. 2021

Wie die Lebensmittelindustrie Verbraucher täuscht und warum Veganer und Vegetarier bei Aromen besonders achtsam sein sollten.

 

Wer sich gesund ernähren möchte und deshalb auf natürliche Zutaten achtet, der freut sich beim Blick auf die Inhaltsstoffe eines Produktes über wenig und vor allen Dingen lesbare Zutaten. Bei konventionellen Lebensmitteln führt der Blick auf die Zutatenliste häufig durch ein Labyrinth aus E-Nummern und nicht aussprechbaren chemischen Begriffen.


Auch Aromastoffe werden durch die Adjektive "natürlich" oder "künstlich" für den Verbraucher in gesund und ungesund klassifiziert. Doch sind "natürliche" Aromen tatsächlich natürlich und damit auch gesund?!


Die Antwort darauf lautet kurz und knapp: Nein!

Warum der Verbraucher auch hier hinters Licht geführt wird, werden wir in diesem Artikel einmal aufdröseln.


|Gesetzliche Lage


Wie Lebensmittel auf der Verpackung gekennzeichnet werden, regelt in der EU die Lebensmittelinformations-Verordnung. Die Herstellung, Verwendung und Inverkehrbringung von Aromen ist wiederum in der EG Aromaverordnung Nr. 1334/2008 in der EU geregelt. Als Grundlage dieser Verordnung gilt die englische Originalfassung "EC Regulation on Flavourings". Diese Verordnung benötigt jedoch nicht nur einen Doktortitel, um verstanden zu werden, sondern beinhaltet auch die ein oder andere Ausnahme für bestimmte Richtlinien, was dazu führt, dass Verbraucher getäuscht werden können.


Für Bio-Lebensmittel gilt im Übrigen: Nur natürliche Aromen und Aromaextrakte, die der Definition in der Aromaverordnung Artikel 16 (2), (3), (4) folgen, sind zulässig. Wie diese Definition genau aussieht, erläutere ich in der unten stehenden Tabelle noch genauer.


Zuvor bedarf es jedoch noch einen Ausflug in Sachen Gentechnik. Gentechnik ist in Deutschland bereits seit vielen Jahren in Bezug auf Lebensmittel verboten. Allerdings gibt es auch hier Ausnahmen; die größte passiert wohl durch den Import gentechnisch veränderter Lebensmittel/Futtermittel aus anderen Ländern. Und auch was Aromen angeht, gibt es Ausnahmen bzw. Möglichkeiten für Hersteller, da das Gesetz nicht eindeutig definiert ist.


So kann es also durchaus vorkommen, dass auch sogenannte "natürliche Aromen" mit Hilfe von gentechnisch veränderter Enzyme oder Mikroorganismen hergestellt werden. Zusatz-, Hilfs- und Trägerstoffe müssen auf der Verpackung des Endproduktes nicht deklariert werden, wodurch der Verbraucher letztlich keinen Überblick darüber hat, was in dem verwendeten Aroma alles enthalten ist bzw. wie genau es hergestellt wurde.


Dass es durch die oben angesprochenen Ausnahmen immer wieder Gentechnik-Lebensmittel in unsere Supermärkte und schließlich auch auf unsere Teller schaffen, wenn man nicht gerade zum Beispiel auf Mais, Raps und Soja verzichtet, zeigt auch dieser Artikel hier.


|Natürlich vs. Künstlich


Der vermeintliche Unterschied zwischen natürlichen und künstlichen Aromen besteht wohl darin, dass künstliche Aromastoffe im Labor entstehen und natürliche Aromen nicht. Leider besteht hier ein großer Irrtum, denn auch natürliche Aromen können im Labor hergestellt werden - nämlich durch physikalische, enzymatische oder mikrobiologische Verfahren.


Physikalisch: Erhitzen, Destillieren, Pressen, Extrahieren, u.Ä.

Enzymatisch: Enzyme führen bei Ausgangsmaterial zu Aromabildung

Mikrobiologisch: Vergärung/Zersetzung, Fermentation durch Einsatz von Bakterien, Pilzen, Schimmel, Hefen oder Viren


Der Unterschied zwischen "natürlichen" und künstlichen Aromastoffen ist wohl lediglich das Geschmacks-Portfolio. Während den künstlichen Aromen durch die chemische Zusammensetzung geschmacklich fast keine Grenzen gesetzt sind, können natürliche Aromen nur auf die Geschmacks-/Geruchswelt natürlich vorkommender Lebensmittel/Bestandteile zurückgreifen.


Dass "natürliche" Aromen also weit weg sind von dem, was sich Verbraucher unter natürlich vorstellen, verdeutlicht die folgende Tabelle.


|Überblick



Grundsätzlich kann man festhalten, dass der Zusatz "natürlich" laut Aromaverordnung nur dann verwendet werden darf, wenn der Ausgangsstoff auch natürlichen Ursprungs ist, also Geschmack oder Geruch in dieser Form in der Natur nachweisbar sind.


Entscheidender für den Verbraucher, um festzustellen, wie gesund das Aroma tatsächlich ist, scheint aber die Kombination aus "natürlich" und der Nennung des Ausgangsmaterials im Aromanamen zu sein (z.B. natürliches Pfirsicharoma). In dieser Kombination muss das genannte Ausgangsmaterial nämlich zu mindestens 95% enthalten sein. Jedoch scheint nach der Gesetzgebung wesentlich für die Kennzeichnung des Aromas auf der Verpackung die sensorische Wahrnehmung der Verbraucher zu sein und nicht die tatsächlich verwendeten Ausgangsmaterialien. Das lässt Herstellern Raum für irreführende Bezeichnungen! Es gibt also gewisse Richtlinien (z.B. 95/5-Verhältnis), für die es wiederum Ausnahmen gibt. Da fragt man sich als Verbraucher dann zu Recht, wie soll das einer verstehen?! Klarheit und Einheitlichkeit herrscht durch diese Aromaverordnung jedenfalls nicht.


Nicht zu vergessen ist bei der ganzen Aroma-Thematik auch, dass das Ausgangsmaterial bei Aromastoffen, die nicht dem 95/5-Verhältnis unterliegen, nicht auf der Verpackung deklariert werden muss und Veganer und Vegetarier sich demnach nicht sicher sein können, ob sie durch den Verzehr des entsprechenden Produktes gegen ihre eigenen Prinzipien verstoßen würden. Hinzu kommt, dass Aromen immer Stoffgemische aus verschiedenen Aromastoffen und/oder Extrakten sind, also letztlich stark verarbeitete Produkte darstellen.


Am Ende scheint es das gesündeste zu sein, um Aromastoffe, egal, ob "natürlich" oder künstlich, einen weiten Bogen zu machen.




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